Studie: Mehr als 60 % der Deutschen erfahren Mobbing am Arbeitsplatz

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In vielen deutschen Unternehmen ist Mobbing ein ständiger Alltagsbegleiter. Eine traurige Realität, wenn man bedenkt, dass viele den Großteil ihrer Zeit am Arbeitsplatz verbringen und man Mobbingsituationen daher nur schwer entkommen kann. In extremen Fällen geht das feindselige Verhalten zwischen Kollegen und Vorgesetzten sogar so weit, dass Betroffene sich aufgrund psychischer Belastungen krankschreiben lassen oder gar die Kündigung einreichen und ihre Arbeitsverträge am liebsten im Aktenvernichter verschwinden lassen würden.

Obwohl Mobbing in deutschen Büros längst kein Fremdwort mehr ist und sich viele der negativen Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bewusst sind, wird in deutschen Büros immer noch zu wenig getan, um das Auftreten von Mobbing am Arbeitsplatz zu verhindern. Wir haben uns in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut OnePoll in einer repräsentativen Studie unter 1.000 Arbeitnehmern in Deutschland mit dem Thema beschäftigt, um herauszufinden wie häufig Mobbing an deutschen Arbeitsplätzen wirklich vorkommt und wie fähig Unternehmensleitung und Vorgesetzte sind Mobbingsituationen im eigenen Unternehmen zu erkennen, aufzulösen und zu verhindern.

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WAS IST MOBBING? WO FÄNGT ES AN UND WO HÖRT ES AUF? 

Eine allgemeingültige Definition des Mobbingbegriffs gibt es in Deutschland zwar so nicht, jedoch kann Mobbing laut dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein wie folgt definiert werden: „Der Begriff Mobbing beschreibt eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während einer längeren Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßens aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet” (Az.: 3 Sa 1/02).

Von außen ist Mobbing nur schwer zu erkennen, da Vorgesetzte und Personalverantwortliche meist selbst stark in ihren eigenen Arbeitsalltag eingebunden sind und es sich beim Mobbing oftmals um einen Gruppenprozess handelt, in dem der eigentliche Täter tatsächlich nur eine kleinere Rolle spielt und von Anhängern und passiven Zuschauern zusätzlich gedeckt wird.

MOBBING IN DEUTSCHEN UNTERNEHMEN: MEHR ALS 60% SIND BETROFFEN 

Wie die Ergebnisse unserer deutschlandweiten Studie unter 1.000 Arbeitnehmern zeigten, ist Mobbing ein branchenübergreifendes Problem, das sich durch alle Altersstufen und Positionen im Unternehmen zieht. Insgesamt gaben mehr als 60 % an Mobbing am Arbeitsplatz erlebt zu haben: Fast jeder vierte Arbeitnehmer (24 %) berichtete selbst Mobbing am derzeitigen Arbeitsplatz erlebt zu haben und weitere 37 % gaben an, bereits Zeugen von Mobbing gewesen zu sein. Des Weiteren glaubt jeder Zweite, dass Mitarbeitende in ihrem Unternehmen potenziell mit Mobbing durchkommen könnten. Dazu zählen mit insgesamt mehr als 30 % an der Spitze, neben den Vorgesetzten, auch die Geschäftsführungsebene.

Weiter denkt fast jeder vierte Arbeitnehmer, dass die eigenen Vorgesetzten nicht imstande wären Anzeichen von Mobbing am Arbeitsplatz zu identifizieren und 20 % der Arbeitnehmer zweifeln daran, dass ihre Vorgesetzten Mobbingsituationen schnell und fair auflösen können.

AUSWIRKUNGEN VON ALTER UND GESCHLECHT 

Wie die Studie weiter zeigt, ist das Risiko Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz zu werden bei Milennials fast doppelt so hoch wie bei den über 55-jährigen Babyboomern.

Wird heute anders gemobbt als früher? Das haben wir den stellvertretenden Vorsitzenden des Beirats der Initiative für mobbingfreie Gesundheit, Diplom-Psychologen Dr. Klaus Mucha, gefragt:

„Sicher hat sich auch das Erscheinungsbild des Mobbens im Laufe der Zeit verändert.

Sadistische Persönlichkeiten, die psychischen Druck auf Opfer ausübten oder sie malträtierten, gab es auch schon, bevor Psycholog*innen vor Jahrzehnten wissenschaftlich zu forschen begannen, und können in der Weltliteratur gefunden werden.

In den letzten Jahren sind natürlich auch im Zuge technologischer Entwicklung neue Formen, ja Möglichkeiten, des Mobbens entstanden. Ich denke an das weltweite Kommunikationsnetz und das schon oft tödliche Cybermobbing. Mobbende schädigen in der verführerischen Anonymität des world-wide-web Opfer, die sich nur schwer wehren können, weil einmal gestreute Mobbingattacken in Form von Gerüchten, Fotomontagen oder anderer Fake News kaum wieder einzusammeln, zu löschen, zu korrigieren sind.“

Überraschenderweise zeigte sich zwischen den Geschlechtern keine signifikante Diskrepanz: 25 % der Frauen gaben an, Mobbing an ihrem aktuellen Arbeitsplatz erlebt zu haben und auch fast jeder vierte Mann hat bereits Mobbing im Job erlebt. Auch die Anzahl der Mobbingtäter unterscheidet sich nur um 1 %, denn 5 % der Frauen gaben an, selbst am Arbeitsplatz gemobbt zu haben.
Bei den Männern waren es 6 %.

DIE MANAGER-PERSPEKTIVE: 34 % SIND NICHT AUSGEBILDET, UM MIT MOBBING AM ARBEITSPLATZ UMZUGEHEN  

In der Studie wollten wir ebenfalls herausfinden, wie selbstbewusst und kompetent Vorgesetzte und Geschäftsführende im Umgang mit Mobbing am Arbeitsplatz sind und wie gut deutsche Unternehmen aufgestellt sind, um mit Mobbingsituationen zu verfahren.

Wie die Ergebnisse zeigten, hat lediglich einer von sechs Managern ein starkes Vertrauen darin, dass sie Anzeichen von Mobbing in ihrem Unternehmen identifizieren können und nur eine Führungsperson von drei (27 %) gab an spezielles Training zum Thema Mobbing am Arbeitsplatz erhalten zu haben. Weiter fühlte sich nur jeder zweite Manager mit den richtigen Prozessen und Instrumenten (z.B. Beschwerdeverfahren, Verwarnung, Mediation) ausgestattet, um Mobbingsituationen am Arbeitsplatz gerecht zu werden und diese fair und effizient zu aufzulösen. Immerhin glauben 53 % der Personalverantwortlichen, dass sie verhindern könnten, dass Mobbing am Arbeitsplatz überhaupt erst auftritt.

Erstaunlich sind auch die unterschiedlichen Ergebnisse in den verschiedenen Alterskategorien. So wünschen sich beispielsweise 30 % der Millennials, dass Vorgesetzte mehr auf das Verhalten ihrer Mitarbeiter achten, während sich 40 % der Babyboomer Weiterbildungsmöglichkeiten im Umgang mit Mobbing wünschen.

EXPERTENTIPPS: WAS KÖNNEN ARBEITGEBER TUN?  

Eine der Statistiken zeichnet sich in der Studie jedoch deutlich ab, einer von drei der befragten Arbeitnehmer findet, dass Mobbing am Arbeitsplatz von ihren derzeitigen Arbeitgebern nicht ernst genug genommen wird. Wir haben mit dem Vorstandsvorsitzenden des Bündnisses gegen Cybermobbing e.V., Uwe Leest, gesprochen, um herauszufinden warum das so ist:

“Eine Erklärung könnte sein, dass viele Arbeitgeber das Thema Mobbing nicht mit Ihrem Unternehmen in Verbindung bringen möchten, da sie der Meinung sind, dass ein solches Problem unter ihrer Führung nicht existiert. Arbeitgeber schauen somit gezielt weg oder reihen sich im schlimmsten Fall noch mit in das Verhalten ein, um das Opfer schneller aus dem Unternehmen zu bekommen. Oftmals wird Mobbing dann als „Neckerei“, Missverständnis oder individuelles Problem dargestellt und nicht als Problem der Firma wahrgenommen.”

Als Lösung und Präventionsmaßname schlägt unser Experte vor, dass man den mobbingfördernden Strukturen innerhalb eines Unternehmens, wie z.B. dem Aufbau von konkurrenzorientiertem Klima oder starren Hierarchien ansetzt. Weiter erläutert Uwe Leest:

 “Allein eine Sensibilisierung mittels einer innerbetrieblichen Aufklärung und Informationen zu dieser Problematik sind wichtige Schritte hin zu einem konfliktfreien Betrieb. Eine weitaus höhere Wirkung hat die Etablierung institutioneller Strukturen wie z.B. eine Anlaufstelle mit geschulten Mitarbeitern für Mobbingvorfälle, schriftlich kodifizierte Leitlinien zum Umgang mit Konflikten und die Einsetzung von ausgebildeten Konfliktlotsen.”

Diplom-Psychologe Dr. Klaus Mucha hat im Laufe seiner Karriere mit vielen Opfern von Mobbing zusammengearbeitet und spricht aus Erfahrung:

„Bewährt haben sich Betriebsvereinbarungen zum Umgang mit Konflikten und zur Prävention von Mobbing. Ebenso hilfreich sind entsprechende innerbetriebliche Anlauf- und Beratungsstellen, die finanziell, personell und organisatorisch entsprechend ausgestattet sind.

Erwähnt werden sollen die Beschäftigtenvertretungen (Betriebsräte, Frauenvertreterinnen, Schwerbehindertenvertretungen), die im Rahmen ihrer jeweiligen gesetzlichen Rechte tätig werden, wenn sie um Hilfe gebeten werden und selbst qualifiziert sind, um ihrem gesetzlichen Auftrag gerecht werden zu können.“

EXPERTENTIPPS: WIE KÖNNEN BETROFFENE UND BEOBACHTER HANDELN?  

Betroffene sollten laut Uwe Leest vor allem ihr Problem öffentlich ansprechen und sich Hilfe suchen. Beispielsweise kann dies geschehen, indem sich Betroffene direkt an Vorgesetzte oder Kollegen im Team wenden oder gar den Personal- oder Betriebsrat einschalten. Gegebenenfalls können Betroffene auch einen Arzt oder eine Beratungsstelle aufsuchen, oder wenn nötig auch die Polizei einschalten.

Für Beobachter einer Mobbingsituation am Arbeitsplatz ist es ebenfalls wichtig schnell aktiv zu werden, sagt der Vorstandsvorsitzende Uwe Leest. Denn je länger ein Mobbingprozess dauert, desto größer ist der Personenkreis, der sich am Mobbing beteiligt. Eingreifen lässt es sich auf verschiedene Arten. Beispielsweise können beobachtende Arbeitskollegen Intrigen nicht unterstützen, sondern Partei für das Opfer ergreifen und Betroffene Personen ansprechen. Jedoch sollten Beobachter keine Schritte einleiten ohne das OK des betroffenen Opfers. Ein weiterer Tipp von unserem Experten ist es Hilfsangebote oder gar Rechtsbeistand zu vermitteln oder die Begleitung bei einem Klärungsgespräch anzubieten.

Dr. Klaus Mucha fügt ergänzend hinzu:

„Beobachtende Kolleg*innen eines Mobbingprozesses tragen eher lediglich eine soziale Verantwortung als Mitmenschen. Und da hat jede/r die Freiheit, solidarisch zu handeln oder aber möglicherweise aus Furcht davor, selbst das nächste Opfer zu sein, sehenden Auges passiv zu bleiben.“

Wie unsere Studie bestätigt, ist Mobbing am Arbeitsplatz nach wie vor ein weitläufiges Problem und vor allem Mitarbeiter in Führungspositionen benötigen mehr Unterstützung, um mit Mobbingsituationen am Arbeitsplatz umzugehen.

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